Das Forschungsprojekt ETHOS. Ethische Praktiken in ästhetischen Theorien des 18. Jahrhunderts erschließt den Zusammenhang von Ethik und Ästhetik in seinen historischen Wurzeln, um auf dieser Basis eine alternative Geschichte der ästhetischen Theoriebildung zu schreiben.
Das Projekt ist im Bereich der Begriffs-, Problem- und Ideengeschichte angesiedelt. Es wendet sich dem tiefgreifenden Zusammenhang von Ethik und Ästhetik zu, der zwischen 1720 und 1800 die deutschsprachigen ästhetischen Schriften beschäftigt. Im 18. Jahrhundert gilt als schön, was nützt, erfreut und belehrt. Kunst ist nicht um ihrer selbst willen da, sondern sie ist in einen gesellschaftlichen Kontext eingebettet, in dem ihr bestimmte Aufgaben zukommen. Auf der methodischen Grundlage der Praxeologie widmet sich das Forschungsprojekt den Funktionen solcher Handlungsanweisungen und -anleitungen in ästhetischen Theorien, die als ethische Praktiken verstanden werden. Die Praktiken lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen, die unterschiedliche Aspekte betonen: ein ‚gutes‘ Leben, eine ‚gute‘ Darstellung und eine ‚gute‘ Sinnlichkeit.
Auf dieser Grundlage soll die alternative Geschichte einer ästhetischen Theoriebildung rekonstruiert werden, die Praktiken einen Stellenwert zuschreibt, wie sie ihn erst im 20. und 21. Jahrhundert wiedererlangen werden, wenn die moralische und politische Verantwortung der Kunst in ästhetischen Theorien neu verhandelt wird. Mit dem Ziel, Pionierarbeit zu den Anfängen heteronomieästhetischer Begründungsmodelle zu leisten, geht es – emphatisch gesprochen – um eine ästhetische Theorie, deren Massstab nicht die Kunst, sondern das Leben bildet.
Die internationale Abschlusstagung ist nach dem Vorbild eines DFG-Symposiums gestaltet: Jeder der im vorhinein zirkulierten Beiträge wird von einer:m anderen Teilnehmer:in kurz respondiert werden; anschließend werden die Beiträge im Plemum diskutiert. Um Anmeldung zur digitalen Teilnahme wird bis zum 30. März gebeten unter marius.reisener@uzh.ch.
PROGRAMM
Donnerstag, 31. März
9:00: Frauke Berndt (Zürich) – Eröffnungsvortrag
9:45 Ralf Simon (Basel) – Autorhandlung
10:45 Alexander Honold (Basel) – Gefühls-Transport
11:30 Boris Previšić (Luzern) – Akustische Praktiken
14:15 Marius Reisener (Zürich) – Romanpraktiken
15:00 Daniel Fulda (Halle) – Praktiken der Aufklärung
16:00 Kathia Müller (Zürich) – Diskurspraktik des Spottens
16:45 Stephan Kammer (München) – Praktiken des Epigramms
Freitag, 01. April
9:00 Elisabeth Décultot (Halle) – Was heißt empfinden?
9:45 Gabriel Trop (Chapel Hill) – Praktiken der Anziehung
10:45 Stefan Matuschek (Jena) – Ästhetische Erziehung und ethische Praxis
11:30 Peter Wittemann (Genf) – Literatur und Luxus
14:15 Luca Alexander Arens (NYU) – Anerkennungspraktiken
15:00 Johannes Hees-Pelikan (Zürich – Genderpraktiken
16:00 Britta Herrmann (Münster) – „Ethopöie“ und „Fiction“
16:45 Rüdiger Campe (Yale) – tba
Samstag, 02.April
9:00 Evelyn Dueck (Genf) – Praktiken des Sehens
9:45 Roland Spalinger (Bern) – Praktiken der Freundschaft
10:45 Carolin Rocks & Sebastian Meixner (Hamburg/Zürich) – Praktiken der Kritik
11:30 Fritz Breithaupt (Boulder Colorado) – Rezeptivität als Praxis
Redaktion: Constanze Baum – Lukas Büsse – Mark-Georg Dehrmann – Nils Gelker – Markus Malo – Alexander Nebrig – Johannes Schmidt
Diese Ankündigung wurde von H-GERMANISTIK [Johannes Schmidt] betreut – editorial-germanistik@mail.h-net.msu.edu
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