Panel der Sektionen "Medienkommunikation" und "Sprachkritik" an der Jahrestagung der Gesellschaft für Angewandte Linguistik, 28.–30. September 2022, Würzburg
Organisation: Birte Arendt, Stefan Hauser, Jana Kiesendahl, Simon Meier-Vieracker
Sprachkritik hat Konjunktur – sowohl in den redaktionellen als auch in den Sozialen Medien. Kritische Reflexionen über Sprache und Sprachgebrauch gehören wieder einmal zum thematischen Portfolio des aktuellen medialen Diskurses, und Medienkritik ist oft auch Mediensprachkritik. Nicht zuletzt aktuelle gesellschaftliche Polarisierungstendenzen lenken erneut den Blick auf die – ausgleichende oder auch verstärkende – Rolle der Medien. Deshalb liegt es derzeit besonders nahe, gezielt die Schnittstellen von Medienlinguistik und Sprachkritik aufzusuchen sowie Möglichkeiten einer kritischen Medienlinguistik zu diskutieren und meta-sprachkritisch bzw. kritiklinguistisch auszuleuchten.
Diese Schnittstellen lassen sich in vierfacher Perspektive diskutieren: 1) Themen, 2) Akteure, 3) Formen und Formate und 4) Funktionen der Sprachkritik in den Medien:
- Welche Themenbereiche bestimmen sprachkritische Reflexionen in Texten redaktioneller und sozialer Medien? Sehr präsent sind Debatten um gendergerechte Sprache und ihren Einsatz in den Medientexten selbst sowie in einem erweiterten Sinne Bemühungen um diskriminierungsfreies Sprechen. Weiterhin ist die sog. Cancel Culture breit und sehr kontrovers diskutiert worden. Auch verschiedene Spielarten des Framings (etwa in der Berichterstattung über den Klimawandel oder die Coronamaßnahmen und -proteste) gehören zum thematischen Grundbestand medialer Sprachkritik.
- Welche Akteure und Akteursgruppen beteiligen sich an sprachkritischen Diskursen in den Medien, welche wirken auf ihn ein und wie werden sie umgekehrt in diesen Diskursen erst konturiert? Welchen Akteuren wird eine Voice zugeschrieben, die ihnen die Partizipation am sprachkritischen Diskurs ermöglicht, welche Deutungshoheiten werden verhandelt und welche metapragmatischen Vorstellungen von Öffentlichkeit gehen damit einher?
- In welchen Formen und Formaten wird Sprachkritik in den Medien ausgetragen? Neben meinungsorientierten Textsorten wie Kommentaren wird auch in den Feuilletons der sprachkritische Diskurs reflektiert und fortgeschrieben. Weiterhin scheinen Talkshows und Diskussionsrunden bevorzugte Formate zu sein. Auch sind vermehrt Formate des medialen Selbstmonitorings zu beobachten wie etwa der DLF-Podcast „Der Tag“, in dem auch redaktionelle Entscheidungen des Sprachgebrauchs transparent gemacht und reflektiert werden. Neben diesen gattungs- und formatorientierten Fragen interessieren auch die sprachlichen Formen: Sind typische Formulierungsmuster, Phraseologismen, Stilphänomene und andere Formen der ausdrucksseitigen Realisierung einschließlich multimodaler (etwa gestischer) Aspekte von sprachkritischen Äußerungen rekonstruierbar?
- Welche Funktionen erfüllen sprachkritische Reflexionen in den Medien? Anders als noch bei den Debatten um die Orthographie-Reform sind mit ihnen meist keine rein sprachkritischen Anliegen verbunden, sondern sie dienen als Vehikel für politische oder gesellschaftskritische Anliegen, die im Modus der Sprachkritik verhandelt werden. Damit einher geht die Frage der Positionierung der Medien in öffentlichen Diskursen, zumal gerade über sprachkritischen Themen kaum je bloß neutral berichtet wird.
Die Sektion setzt sich zum Ziel, aktuelle Fragen aufzunehmen und laufende medienlinguistische und sprachkritische Diskussionen weiterzuführen. Willkommen sind Beiträge, die die oben genannten Perspektiven sowie Fragestellungen der folgenden Art aufgreifen:
- Welche Bewertungsmaßstäbe, Normvorstellungen und Sprachideologien liegen den sprachkritischen Äußerungen zugrunde?
- Wie wird Sprachkritik argumentativ gestützt?
- Was leisten sprachkritische Äußerungen in Bezug auf die Identitätsinszenierung (Doing Expert, Rollen- und Statusinszenierung)?
Erwünscht sind sowohl Vortragsangebote, die vor dem Hintergrund dieser Fragen empirische Medientextanalysen vornehmen, als auch theoretisch ausgerichtete Beiträge. Ebenso sind Reflexionen darüber erwünscht, inwiefern es zu den Aufgaben einer engagierten Medienlinguistik zählt, ausdrücklich sprachkritisch Stellung zu beziehen.
Einreichungen sind bis zum 15.05.2022 über ConfTool (https://www.conftool.pro/gal2022/) möglich.
Redaktion: Constanze Baum – Lukas Büsse – Mark-Georg Dehrmann – Nils Gelker – Markus Malo – Alexander Nebrig – Johannes Schmidt
Diese Ankündigung wurde von H-GERMANISTIK [Johannes Schmidt] betreut – editorial-germanistik@mail.h-net.msu.edu
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