HOLY SHIT. Erscheinungs- und Übertragungsformen des Heiligen in Literatur und Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts
Internationaler Doktorandenworkshop | 29. und 30. Mai 2017, Universität zu Köln
‚Heilig’ leitet vom lateinischen ‚sanctus’ her, das so viel wie ‚umschließen’ und ‚umgrenzen’ bedeutet. All das, was sich vor dem Umgrenzten, dem geweihten Ort (‚fanum’) befindet, wird als ‚pro-fanus’ bezeichnet. Etymologisch scheint die Grenzlinie zwischen Heiligem und Profanem eindeutig gezogen zu sein. Doch ist diese Grenzlinie tatsächlich so unzweideutig? Kann Profanes nie heilig werden und umgekehrt: Kann Heiliges nie profan werden? Der internationale Doktorandenworkshop geht davon aus, dass man vielmehr von Profanisierungs- und Sakralisierungsbewegungen sowie verschiedenen Erscheinungsformen und Übertragungsweisen des Heiligen sprechen kann, die sich auch über die religiösen Grenzen hinweg ereignen können. Inspiriert von Rudolf Ottos Definition des Heiligen als „Deutungs- und Bewertungskategorie“, die insofern irrational ist, als dass sie der „begriffliche[n] Erfassung völlig unzugänglich ist, (wie es auf ganz anderem Gebiete das ‚Schöne’ auch ist)“, sollen Operationen und Formen des Heiligen in Literatur und Kunst von 1900 bis in die Gegenwart untersucht werden.
Ab wann wird etwas heilig und wie gestaltet sich dieses Ereignis? Ist das Vorkommnis eines der Präsenz oder der Dauer; drückt das Erlebnis einen Wunsch nach Ferne oder Nähe aus? Was für Beschreibungsformen und Darstellungsmodi werden in den jeweiligen Texten und Kunstwerken angewandt, um Heiliges zum Ausdruck zu bringen? Unter welchen Bedingungen vollzieht sich eine Sakralisierung des Profanen; wie findet auf dem umgekehrten Weg eine Banalisierung des Heiligen statt? Besitzt das Heilige ein Eigenleben oder ist es nur als Schwellenphänomen begreifbar?
Die wissenschaftlichen Beiträge werden um ein Abendgespräch mit dem niederländischen Installationskünstler und Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie Münster Aernout Mik ergänzt. Miks Arbeiten versuchen, eben jene Grenze zwischen Heiligem und Profanem aufzulösen, indem sie neue religiöse Tendenzen in unserer globalisierten Welt sichtbar machen. Anhand von Ausschnitten aus seinem Werk sollen die erarbeiteten Zugänge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Thema noch einmal um die Sichtweise eines international agierenden Künstlers ergänzt und die Problematik so differenziert diskutiert werden.
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen!
Programm
Montag, 29. Mai
10.00 – 13.00
Begrüßung/Einleitung
Florian Scherübl: „Vom freien Gebrauch des Heiligen“. Dimensionen und Probleme von Giorgio Agambens Alternative zur ‚Ambivalenz des Heiligen
Yannic Federer: Formprobleme politisierter Transzendenzfiguren. Mit Carl Schmitt gegen Giorgio Agamben. Mit Hans Kelsen gegen Carl Schmitt
14.30 – 16.30
Nana Kintz: Das Heilige (und das) Exkrement – Formen der subversiven Aneignung des Sakralen im Surrealismus
Maximiliane Buchner: Kirche im Tarnanzug. Profane Sakralraumkonzepte
18.00 – 19.30 Künstlergespräch mit AERNOUT MIK
Dienstag, 30. Mai
10.00 – 13.30
Julia Martel: Die Kraft der Transsubstantiation
Johannes Knecht: Der lachende Schamane – Zur Dialektik von Heiligkeit und Humor bei Joseph Beuys
Paul Hoehn: Is the Rectum a Holy Sepulchre? Temporalities of Life in Medieval Christian Mysticism and American Queer Theory
14.00 – 15.00
Abschlussdiskussion
Ort: Tagungsraum R004 (Neues Seminargebäude), Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln
Kontakt: Daniela Doutch (daniela.doutch@uni-koeln.de) und Lena Hintze (hintzel@smail.uni-koeln.de)
Diese Ankündigung wurde von H-GERMANISTIK [Mark-Georg Dehrmann] betreut – editorial-germanistik@mail.h-net.msu.edu
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