CFP: Fristverlängerung: Enstaubt: Klassikerinszenierungen im Gegenwartstheater (08.06.23)
Das zeitgenössische Theater sieht sich zuletzt vermehrten Vorwürfen ausgesetzt. Es sei zu woke, zu selbstzirkulär, zu elitär – schenkt man zumindest manchen Kritiker*innen der Feuilletons Glauben. Dabei ist die Bühnenkunst in Teilen ausdifferenzierter als ihr Ruf. Gerade auf dem Feld der Klassikerinszenierungen lassen sich Erschließungen beobachten, die jenseits der Modediskurse einerseits grundsätzliche, nicht historisch verortete Fragen aufwerfen, andererseits mittelbar Aussagen über die politische, soziale und kulturelle Gegenwart treffen.
Seien es die zeitlosen Settings eines Michael Thalheimer, die verspielten Opern eines Martin G. Bergers oder die mit Pop-Effekten angereicherten Wiederentdeckungen von kanonischen Texten durch Christopher Rüping – Stoffe mit langer Geschichte und Tradition haben in der letzten Dekade trotz stetig steigender Anzahl an Uraufführungen kaum an Aktualität verloren. Vielmehr werden deren Themen im Lichte der Spätmoderne neu verhandelt. Darunter fallen mitunter
– eine dynamische Neubestimmung von Identität und Alterität.
– Verhandlungen von Armuts- und Reichtumsverteilung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten.
– die Diskussion um die Zukunft Europas, insbesondere vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine.
– eine kritische Auseinandersetzung mit geronnenen Geschlechtsstereotypien sowie Potenziale für eine non-binäre, queere Gesellschaft.
– experimentelle Vermessungen gegenwärtiger und historischer Liebesdiskurse.
– Szenarien zur Klima- und Umweltkrise sowie zur Evolution des Anthropozän.
– intensive Beschäftigungen mit bioethischen Fragen wie Sterbehilfe, Organspende und Abtreibung.
– vielschichtige Auseinandersetzungen mit Sterben, Tod und Jenseits
Dies sind nur einige Sujets und Komplexe innerhalb eines breiten Spektrums von Neuentdeckungen, Reaktualisierungen und Überschreibungen klassischer Dramatik (und Prosa für die Bühne)
Ziel der kulturwissenschaftlichen Vorträge soll es sein, gegenwärtige Inszenierungsweisen von kanonischen Bühnentexten auszuloten, einzuordnen und zu diskutieren, was auch die Analyse ästhetischer Strömungen und individueller Regiestile einschließen kann. Geplant ist eine Tagung an der RPTU, Campus Landau, vom 19.2.2024 bis 21.2.2024. Kurze Vorschlagsskizzen werden erbeten und können bis 8.6.2023 an folgende Mailadresse gerichtet werden: hayer@uni-landau.de. Verantwortlich ist PD Dr. Björn Hayer.
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