KONF: Symposium „Günter Wallraffs Reportagen“, Dortmund / online (03.02.2023)

Tobias Lachmann Discussion

Die Veranstaltung findet ‚hybrid‘ statt, am Ort und online unter dem Zoom-Link: https://tu-dortmund.zoom.us/j/98054847386?pwd=NWdtbnhGTGNJMXcxa3RyRE82dU9SQT09

 

PROGRAMM

 

10.30 Uhr

Begrüßung
 

11.00 Uhr

Tobias Eberwein, International Association for Literary Journalism Studies (IALJS)

12.00 Uhr

Jasmin Grande, Institut Moderne im Rheinland, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
 

13.00 Uhr

Pause

 

14:00 Uhr

Marlene Knobloch, Reportage, Süddeutsche Zeitung
 

15.00 Uhr

Alexander Rupflin, Redakteur bei der ZEIT

16.00 Uhr

Pause

16.30 Uhr

Daniel Puntas Bernet, Chefredakteur des Magazins Reportagen, Bern
 

17.30 Uhr

Hektor Haarkötter, Professur für Kommunikationswissenschaft, Schwerpunkt politische Kommunikation, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg

18.30 Uhr

Abschlussdiskussion

 

 

ZEIT UND ORT

 

Freitag, 03.02.2023

 

Literaturhaus Dortmund

Neuer Graben 78

44139 Dortmund

T 0231 33048497

info@literaturhaus-dortmund.de

www.literaturhaus-dortmund.de

 

 

„Ich bin auf einiges gefasst. Auf das, was ich dann

selber erlebt habe […], war ich nicht gefasst.“

G. Wallraff, Aus der schönen, neuen Welt

 

Günter Wallraff gilt als Enfant Terrible der deutschen Literatur. Wobei noch gar nicht entschieden ist, ob seine Reportagen und Kritiken, seine Interventionen und Geschichten nun eigentlich zur Literatur zählen sollen – oder nicht. Denn nach dem großen Erfolg seines dokumentarischen Buches Ganz unten, in dem Wallraff als Ali Levent Sinirlioğlu in verschiedenen Unternehmen als ‚Gastarbeiter‘ recherchierte, geriet Wallraff in Verruf. Die einen warfen ihm vor, seine Autorschaft nur vorgetäuscht, die anderen, sich für die DDR verdingt zu haben. Das eine ist richtig, das andere wohl falsch. Tatsächlich war es Hermann L. Gremliza, der legendäre Herausgeber der Zeitschrift konkret, der Wallraff stilistisch zur Seite stand, als er seine Arbeiten über die Bild-Zeitung der Öffentlichkeit vorstellte. Aber Wallraff hatte nie wirklich einen Hehl daraus gemacht, dass er in Teams arbeitete. Wallraffs kritische Nähe zum Regime im Osten Deutschlands war offenkundig, Dissidenten waren seine Freunde. Ob er dabei zu weit gegangen ist oder sein Engagement nützlich und richtig gewesen war, darüber kann man streiten und man muss es wohl auch. Davon abgesehen aber dürfte Wallraff zu den wichtigsten Autoren der deutschen Nachkriegsgeschichte zählen, der als Mitglied der Dortmunder Gruppe 61 die Poetik der Reportageliteratur umzusetzen und zu popularisieren versuchte. Mit Erfolg.

Ob Wallraffs Texte eigentlich ‚literarisch‘ sind oder einfach nur ‚journalistisch‘, ist nun in mehrfacher Hinsicht interessant. Zunächst einmal politisch: Seit dem literarischen Vormärz und Heinrich Heines Journalliteratur ist immer wieder versucht worden, der engagierten und interventionistischen Literatur den ästhetischen Wert abzusprechen. Dabei ging es nicht immer nur um Kunstfragen, sondern oft genug um politische Machtkämpfe. Wem das Prädikat ‚literarisch‘ verweigert werden konnte, den konnte man deutlich einfacher aus den bürgerlichen Diskursen, den kulturellen Institutionen der Gesellschaft fernhalten. Zweitens medienhistorisch, denn mit dem Aufstieg der Zeitung und des Feuilletons, der Zeitschrift, dem Radio und dem Taschenbuch, verschoben sich die Parameter des Schreibens. Kunst und Lohnarbeit mussten sich nicht mehr wie Fremde begegnen. Sie gehörten zusammen. Wallraffs Texte sind vor diesem Hintergrund also doppelt interessant: Sie setzen eine Tradition fort, die von Heinrich Heine über Bertolt Brecht und Max von der Grün in die Gegenwart reichen; sie konfrontieren die etablierten Kunstformen des Schreibens mit der Realität und Poetik der Arbeitswelt, sie ‚reportieren‘ die Wirklichkeit.

Das Symposium will ein kleines Jubiläum aufgreifen, Günter Wallraffs 80. Geburtstag, um die Wortmeldungen dieses streitbaren Autors und Historikers der deutschen Nachkriegsgeschichte einer kritischen Re-Lektüre zu unterziehen. Dabei sollen neben den politischen auch die literarischen Eigenarten seiner Texte diskutiert werden, in der Tradition einer literarischen Aufklärung, die bis in unsere Gegenwart reicht. Im Mittelpunkt steht darum der Begriff der Reportage, der eigentlich aus der Zeitungswelt und dem Journalismus stammt, aber zugleich ein ästhetisches Vermögen zum Ausdruck bringt: die Erzählung aus eigener Anschauung. Wallraffs Rolle in der Dortmunder Gruppe 61 wird dafür von besonderem Interesse sein.

 

 

 

VERANSTALTER

 

Technische Universität Dortmund

Fakultät Kulturwissenschaften

Professur für Neuere deutsche Literatur und eine kulturwissenschaftlich akzentuierte Literaturgeschichte und -theorie seit dem 18. Jahrhundert

Prof. Dr. Martin Stingelin

Emil-Figge-Str. 50

44227 Dortmund

 

 

KONTAKT

 

claas.morgenroth@tu-dortmund.de

tobias.lachmann@tu-dortmund.de

 

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Redaktion: Constanze Baum – Lukas Büsse – Mark-Georg Dehrmann – Nils Gelker – Markus Malo – Alexander Nebrig – Johannes Schmidt

Diese Ankündigung wurde von H-GERMANISTIK [Mark-Georg Dehrmann] betreut – editorial-germanistik@mail.h-net.msu.edu