CFP: IVG-Sektion: Krisen und Fluchtorte in der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters, Graz (01.12.2022)
„Sprache und Literatur in Krisenzeiten – Herausforderungen, Aufgaben und Chancen der internationalen Germanistik“
Call for Papers
Sektion: „Krisen und Fluchtorte in der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters“
Sektionsleitung:
Univ.-Prof. Dr. Julia Zimmermann
Karl-Franzens-Universität Graz
Institut für Germanistik
Germanistische Mediävistik
Mozartgasse 8
A – 8010 Graz
Prof. Dr. Beate Kellner
Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für deutsche Philologie
Deutsche Sprache und Literatur des Mittelalters
Schellingstr. 3
D – 80799 München
Prof. Dr. Claudia Händl
Università degli Studi di Genova
Dipartimento di lingue e culture moderne
Piazza Santa Sabina 2
I – 16124 Genova
Kongresswebseite der Internationalen Vereinigung für Germanistik: https://ivg-kongress-2025.uni-graz.at/de/xv.-ivg-kongress-2025/
XV. Kongress der Internationalen Vereinigung für Germanistik (IVG) Universität Graz (20.-27.07.2025)
Abstract:
Für die germanistische Mediävistik ist die sog. „Krise des Helden“ basales Element bei der strukturalistischen Analyse mhd. Erzähldichtungen. Insbesondere in der literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Artusroman und der mit ihm nach wie vor unweigerlich verbundenen Frage nach der „Doppelwegstruktur“ ist – aller Kritik an diesem Strukturmodell zum Trotz – die „Krise des Helden“ zentraler Bezugspunkt der Interpretation: Durch ein Ungleichgewicht von Minne und Âventiure verwirkt der Held, nachdem er einen ersten Höhepunkt an Ansehen und Ehre erlangt hat, seine ritterliche resp. herrschaftliche Reputation. Das Resultat dieser Verfehlung ist eine Krise, die durch eine zweite Âventiurefahrt des Helden wieder aufgehoben werden muss. Am Ende stehen das Glück und die Wiedererlangung von herrschaftlichem Ansehen. Gerade für den Artusroman, aber auch für andere Gattungen der mhd. Erzähldichtung, ist im Blick auf den Prozess von der „Krise des Helden/der Heldin“ bis hin zur Wiederherstellung der jeweiligen Ordnung die Unterscheidung von höfischer Welt und nicht-höfischer Welt von signifikanter Bedeutung. Die höfische Weltordnung wird durch ein nicht-höfisches Ereignis zerstört, und der Weg zu ihrer Wiederherstellung führt den Helden zunächst in eine Welt jenseits bestehender Ordnung. Von zentraler Bedeutung scheint in diesem Zusammenhang gerade der Fluchtort des Helden im unmittelbaren Anschluss an die Krise zu sein, markiert dieser Fluchtort nicht zuletzt auch erzählerisch einen Moment des Verharrens vor dem Wiederaufbruch. Als physischer oder auch nicht-physischer Ort erscheint der Fluchtort recht häufig auch als ein Zwischenraum, der einer eigenen Ordnung unterliegen kann.
An diesem Punkt will die Sektion ansetzen, wenn sie – abseits strukturalistischer Fragestellungen – nach dem Zusammenhang von Krise und Fluchtort auch in anderen Gattungen der mhd. Erzähldichtung fragt. Es geht mithin nicht darum, Materialien zum „Bild eines Fluchtorts“ in der Literatur, in Geschichtsquellen, juristischen oder religiösen Texten zusammenzustellen oder den Versuch zu unternehmen, die Darstellungen durch quellen- und stoffgeschichtliche Analysen zu erklären. In ihrem Ansatz führt die Sektion vielmehr folgende Zielstellungen, Leitfragen und Erkenntnisinteressen zusammen: In narratologischer und wissensgeschichtlicher Hinsicht sollen durch Analysen und Vergleiche von Darstellungen von Fluchtorten, von Entscheidungen und Motivationen zur Flucht an einen anderen Ort, von Überlagerungen und Interferenzen von Beweggründen, Rückschlüsse auf narrative Muster der Wahrnehmung und Deutung von Fluchtorten in der vormodernen Literatur gewonnen werden. Wie ist der Zusammenhang von Krise und Fluchtort zu werten? Welche Konturen können dabei dem Moment der Krise zugesprochen sein (z.B. in der Legendendichtung) und in welcher Relation stehen diese zur jeweils geltenden Ordnung eines Fluchtorts? Kann es im Zuge einer Krise auch zur Multiplikation von Fluchtorten kommen z.B. Sigune in Breziljan, auf der Linde, in der Klause)? Gibt es auch unfreiwillige Fluchtorte (z.B. Gefangennahme nach einer Niederlage)? Die Sektion möchte diese Aspekte an einem möglichst breiten Gattungsspektrum von der höfischen Epik über die Heldenepik bis zur Legende und anderen Genres der mhd. Erzähldichtung diskutieren.
Wir freuen uns auf die Einreichung von Vorschlägen für Sektionsbeiträge (bitte mit Vortragstitel, Abstract (ca. 500 Wörter) und Angaben zur akademischen Afiliation) bis zum 01.12.2022 an: julia.zimmermann@uni-graz.at
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Redaktion: Constanze Baum – Lukas Büsse – Mark-Georg Dehrmann – Nils Gelker – Markus Malo – Alexander Nebrig – Johannes Schmidt
Diese Ankündigung wurde von H-GERMANISTIK [Constanze Baum] betreut – editorial-germanistik@mail.h-net.msu.edu
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