KONF: Zwischen Schrecken und Faszination. Strategien des Umgangs mit dem Fremden in deutschen Reiseberichten, Frankfurt an der Oder (04.11.2022)

Sylwia Werner Discussion

Was passiert, wenn Reisende Phänomenen begegnen, die sie nicht verstehen? Der Workshop verortet diese Frage im Spannungsfeld von Natur und Kultur und greift dabei auf Aspekte aus Literatur, Philosophie, Kunst, Technik und Naturwissenschaften zurück. Konfrontationen mit dem Fremden können zu Grenzerfahrungen werden, wenn es nicht mit den vertrauten Kategorien eingeordnet und erfasst wird. Das Unfassbare kann sich bei der Begegnung mit ungewöhnlichen Naturerscheinungen, ebenso angesichts erschreckender Praktiken oder unverständlicher Verhaltensweisen einer fremden Kultur zeigen. Es kann Angst und Abwehr auslösen, aber auch über das Erstaunen zu Grenzüberschreitungen führen. Fremdheit wird so zum Stimulans der Imagination, der Kunst und neuer Weltentwürfe. Nicht zuletzt entstanden Theorien des Erhabenen auch als Reaktion auf das Staunen und Schrecken auslösende Inkommensurable und lassen sich daher teilweise als Strategien der ästhetischen und wissenschaftlichen Aneignung des Fremden explizieren. 

Ziel des Workshops ist es, anhand von deutschen Reiseberichten exemplarisch zu untersuchen, wann, in welchen Situationen und mit welchen Konsequenzen Differenzen zu anderen Kulturen und Ländern als nicht nachvollziehbar, unüberbrückbar oder sogar als bedrohlich erfahren wurden. Die forschungsleitende Annahme ist dabei, dass es die verstörenden Erfahrungen sind, die tiefgreifende soziale und kulturelle Differenzen erkennen lassen und die zur Entwicklung neuer Formen des Umgangs mit als kategorial fremd erfahrenen Phänomenen führen.

Veranstaltungsort: Collegium Polonicum (Słubice), Raum 102

Programm: 4. November 2022

9:30-9:45   

Begrüßung und Einführung

9:45-10:30

Dieter Heimböckel (Luxemburg): Aneignung und Nicht-Verstehen. Wenn das Reisen an Grenzen stößt

10:30-11:15

Sylwia Werner (Frankfurt/O.): Annäherung an den Feind. Angst und Methode in Humboldts Naturgeschichte

11:15-11:45 

Kaffeepause

11:45-12:30

Reto Rössler (Flensburg): Polarität – Fremdheit – Ähnlichkeit – Angst. Zum Verhältnis von Interkulturalität und Affekt(poetik) Aby Warburgs „Das Schlangenritual. Ein Reisebericht“

12:30-14:30 

Mittagspause

14:30-15:15

Justyna Krauze-Pierz (Poznań): Bevor der Schrecken begann: Die Faszination für das Fremde anhand von Reiseerfahrungen deutschsprachiger Frauen in der revolutionären Sowjetunion

15:15-16:00

Iulia-Karin Patrut (Flensburg): Hermann Hesses Reisen in die Südsee

16:00-16:30 

Kaffeepause

16:30-17:15

Michaela Holdenried (Freiburg): Melancholie des Reisens – Melancholie des Ankommens. Abwehr und Verlusterfahrung in moderner Reiseliteratur (Koeppen, Brinkmann, Stadler, Roes, Ransmayr)

17:15-17:45

Abschlussdiskussion