CFP: IVG 2025, Sektion "Linearisierungspräferenzen in Krisendiskursen: Variationen rund um die Satzränder im Deutschen", Graz (30.11.2022)
Die Internationale Vereinigung für Germanistik (IVG) richtet vom 20.–27. Juli 2025 in Graz ihren XV. Kongress mit dem Thema „Sprache und Literatur in Krisenzeiten – Herausforderungen, Aufgaben und Chancen der internationalen Germanistik“ aus (https://ivg-kongress-2025.uni-graz.at/de/).
Wir laden Sie ein, sich an unserer Sektion zu beteiligen und uns bis zum 30. November 2022 einen Vorschlag für einen 20-minütigen Vortrag an die E-Mail-Adresse petkovakes@uni-sofia.bg zu schicken. Das Abstract in deutscher Sprache sollte einen Umfang von 300–500 Wörtern (exkl. Literaturangaben) haben.
Sektion: Linearisierungspräferenzen in Krisendiskursen: Variationen rund um die Satzränder im Deutschen
Sektionsleitung: Hélène Vinckel-Roisin (Nancy, Université de Lorraine), Lutz Gunkel (Mannheim, Leibniz-Institut für deutsche Sprache), Mikaela Petkova-Kessanlis (Sofia, St. Kliment-Ochridski-Universität Sofia)
Sektionsbeschreibung:
Die Sektion stellt die Frage zur Diskussion, ob bzw. inwiefern sich in Krisendiskursen spezifische Linearisierungspräferenzen mit Blick auf den linken und rechten Rand von Sätzen identifizieren lassen. Das Thema ist damit an der Syntax-Diskurs-Schnittstelle angesiedelt und fokussiert mit den topologischen Einheiten „Satzränder“ (ein syntaktisches Phänomen) und der medialen und gesellschaftlichen Verhandlung von Krisen (spezifische Diskurse) zwei exemplarisch ausgewählte Teilbereiche beider Dimensionen dieser Schnittstelle.
Der Entscheidung für dieses Thema liegen folgende Überlegungen zugrunde: Ausgehend von der Auffassung, dass Diskurse „Formationssysteme von Wissen“ darstellen, „in denen auf gesellschaftlicher Ebene ein Thema verhandelt wird“ (Wengeler 2009: 1632), richtet sich das Interesse linguistischer Diskursanalysen auf die Erforschung gesellschaftlichen Wissens „in Form der (vor)herrschenden sozialen Konstruktionen von Wirklichkeit in der Vergangenheit oder in der Gegenwart“ (ebd.). Die Rekonstruktion und die deskriptive Erfassung dieses gesellschaftlichen Wissens, das sich in Diskursen nicht lediglich manifestiert, sondern auch als solches konstituiert, ist eine komplexe Aufgabe, bei der sich eine ganzheitliche Betrachtung des jeweils zu untersuchenden Diskurses schwierig gestaltet. Die Komplexität der Aufgabe, vor der linguistische Diskursanalysen stehen, lässt sich durch das Diskurslinguistische Mehr-Ebenen-Modell von Warnke / Spitzmüller (2008, 2011) abbilden, das auf die Erfassung der Ebenen mit diskurslinguistischer Relevanz abzielt, die in konkreten empirisch fundierten Untersuchungen in den Blick genommen werden könnten, „bei gleichzeitiger Benennbarkeit dessen, was nicht im Fokus des Interesses steht“ (Warnke / Spitzmüller 2008: 24). Analytisch unterschieden werden in diesem Modell u.a. drei Ebenen der intratextuellen Analyse: eine (i) text-, (ii) propositions- und (iii) wortorientierte Analyse. Auf diese drei Ebenen fokussiert sich vorranging das Interesse unserer Sektion, wobei wir der Frage nach möglichen Wechselwirkungen zwischen Diskurs und Syntax nachgehen wollen. Thematisch möchten wir die Diskussion weiter eingrenzen, indem wir uns auf Schnittstellen zwischen Krisendiskursen und syntaktischen Präferenzen in der linearen Abfolge der Satzglieder konzentrieren.
(i) Der erste Zugang zu derartigen Schnittstellen bietet sich über Untersuchungen an, die diskursrelevantes lexikalisches Inventar ermitteln (Lexeme, z.B. in der Funktion von Schlüssellexemen, aber auch Diskurs- und Modalpartikeln, Kollokationen, Phraseme, daneben auch Metaphern und Metonymien), anschließend die syntaktische Positionierung solcher diskursrelevanten lexikalischen Einheiten näher betrachten und die hier fokussierten Linearisierungsrealisierungen an den Satzrändern im Hinblick auf Gewichtungen analysieren. Denn Gewichtungen unterstützen den Wissenstransfer entscheidend, vgl.: „Mit der Gewichtung wird den Rezipienten eine Wissensverarbeitung ermöglicht, die sie ein differenziertes Wissen aufbauen lässt.“ (Hoffmann 2002: 9). Denkbar ist demzufolge, dass diskursrelevante Informationseinheiten wie die oben genannten am linken oder am rechten Satzrand positioniert werden, um eine besondere Relevanzabstufung bestimmter Wissenselemente zu etablieren und damit persuasive Effekte zu erzielen.
(ii) Der zweite Zugang ist über die Propositionsanalyse möglich. Denn die syntaktische Realisierung sowohl der Akte des Referierens als auch der Akte des Prädizierens wirken informationsgewichtend. Dabei spielen die Abfolge und die Art und Weise des Vollzugs von Prädikations- und Referenzakten eine Rolle.
(iii) Der dritte Zugang erschließt sich textorientiert über die Analyse unterschiedlicher syntaktischer Realisierungen der rechten und linken Satzperipherie (s.u.) und zwar
(a) in ihrer jeweiligen informationsstrukturierenden bzw. informationsverpackenden Funktionen, so u.a. mit Blick auf die kanonischen Größen Topik und Fokus in ihren jeweiligen Subtypen (zu einer Auswahl diesbezüglicher Arbeiten siehe Literaturverzeichnis) und/oder
(b) im Zusammenspiel mit anderen rhetorisch-stilistischen Phänomenen. Erwartbar wären u.a. eine verständnisfördernde, eine emphatische oder eine persuasive Funktion von Linearisierungstendenzen, die jeweils einerseits textsortenspezifisch und andererseits insofern diskursrelevant sein könnte, als sie der Vermittlung eines bestimmten, differenzierten Wissens dient.
Den vollständigen Call for papers samt Literaturangaben finden Sie hier: https://static.uni-graz.at/fileadmin/veranstaltungen/ivg-kongress-2025/unigrazform/Vinckel-Roisin_Gunkel_Petkova_Kessanlis_Linearisierungspraferenzen_in_Krisendiskursen.pdf
Wir freuen uns auf Ihre Vortragsvorschläge und stehen für eventuelle Rückfragen gerne zur Verfügung.
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Redaktion: Constanze Baum – Lukas Büsse – Mark-Georg Dehrmann – Nils Gelker – Markus Malo – Alexander Nebrig – Johannes Schmidt
Diese Ankündigung wurde von H-GERMANISTIK [Mark-Georg Dehrmann] betreut – editorial-germanistik@mail.h-net.msu.edu
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