CFP: Erzähltheorien besonderer Dinge. Alter und Zeit, Bonn (19.06.2022)

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Call for Papers

Workshop, 17.–19. Nov. 2022

Wodurch wird etwas als besonders, als verehrungswürdig, vielleicht sogar als heilig kommuniziert und verstanden? Ein zentraler Aspekt, um das Besondere zu markieren und zu erkennen, ist Alter beziehungsweise Zeit. Mithilfe der Zurschaustellung oder auch Suggestion von Alter und Zeit kann auf- und abgewertet, authentifiziert und legitimiert werden. Das Besondere wird dadurch skalierbar, es lässt sich ablesen und messen. Ebenjene Narrative, die mit Hilfe von Alter und Zeit kommunizieren und argumentieren, finden sich sowohl im materiellen wie auch im literarischen Befund.

Die methodischen Ansätze zur Untersuchung solcher Narrative nehmen ihren Ausgang einerseits in den verschiedenen Disziplinen und jeweiligen Dingkulturen. Zentral für das Verständnis der Weiter- und Umnutzung älterer Werkstücke ist etwa die vieldiskutierte Spoliennutzung in Antike, Spätantike und Mittelalter. Dabei können vor allem die ideen- und motivgeschichtlichen Ansätze jüngerer Zeit, die die Bedeutung des Vergangenen für die Definition des Gegenwärtigen in den Fokus rücken, fruchtbar gemacht werden. Auch die Erforschung von Dingkulturen mittelalterlicher Erzählwelten hinsichtlich Herrschaftsausübung und Machtdemonstration, Visualisierung von Hierarchien und Abhängigkeiten, Markierung von Status oder auch Gender verfolgt einen ähnlichen Ansatz und führt das breite Spektrum der Dinge – von bloßer Requisite über symbolische oder poetologische Funktion bis hin zu eigenmächtig handelnden Akteuren – vor Augen. Neben den jeweiligen fachspezifischen Zugängen werden Erzähltheorien besonderer Dinge andererseits durch ein übergreifendes methodisches Gerüst verbunden. Zentral dafür sind etwa Jan Assmanns Überlegungen zum kulturellen Gedächtnis, die zwar einen altertumswissenschaftlichen Schwerpunkt haben, aber weder auf eine Gattung noch auf eine Epoche festgelegt, sondern komparativ gedacht sind. Gleichermaßen richtungsweisend sind zudem die strukturalistische Erzähltheorie von Gérard Genette und die kommunikationssoziologischen Ansätze von Niklas Luhmann.

Im Rahmen des Workshops sollen erzähltheoretische und kommunikationssoziologische Überlegungen diachron und interdisziplinär im Sinne des Thing Turns nach Bruno Latour auf die Dinge angewendet werden. In einem komparativen Zugriff können dadurch diejenigen Narrative und Kommunikationsstrukturen globalhistorisch und epochenübergreifend untersucht werden, die gewissen Dingen eine herausgehobene Stellung verleihen.

Beiträge aus den archäologischen und kunsthistorischen, den theologischen und philologischen Fächern sowie Nachbardisziplinen sind besonders erwünscht zu folgenden Aspekten:

  • Definitionen von Alter und Zeit
  • Wer definiert Alter und Zeit?
  • Pseudo-Alter, Alter als Funktion
  • Missverständnis von Alter
  • Materialität von Alter und Zeit
  • Fundkontexte und Fundinszenierung
  • Muster von Alters- und Zeitnarrativen
  • Explizite und implizite Narrative

Bitte senden Sie ein Abstract (max. eine Seite) für einen circa 25minütigen Vortrag bis zum 19. Juni 2022 an: Workshop@uni-bonn.de


Narratives of Special. Things Age and Time

What makes something special, worthy of veneration, perhaps even sacred? Age and time are central aspects for marking and recognizing that which is deemed special. By displaying or suggesting age and time, something can be upgraded, downgraded, authenticated, and legitimized. The special thus becomes scalable and measurable. Both material and literary sources provide examples of narratives that communicate and argue with age and time.

Methods for the investigation of such narratives have their origins in the various disciplines and the material cultures. Central to the understanding of the re-use and transformation of older objects is, for example, the much-discussed use of spolia in Antiquity, Late Antiquity, and the Middle Ages. In this context, recent approaches in the history of ideas and motifs in material and literary sources that focus on the significance of the past for the definition of the present can be useful. The investigation of the material cultures of medieval story worlds with regards to the use and demonstration of power, the visualization of hierarchies and dependencies, and the marking of status or gender follows a similar approach. Such investigation reveals the broad spectrum of things: from mere requisites to symbolic or poetological functions to actors operating on their own authority. In addition to the discipline-specific approaches, narrative theories of special things are also connected by interdisciplinary methods. Crucial for this are, for example, Jan Assmann’s reflections on cultural memory, which, although they have a focus on ancient studies, are not fixed to one genre or to one era, but are conceived comparatively. Similarly, the narrative theory of Gérard Genette and the approaches of Niklas Luhmann in the sociology of communication provide further inspiration.

The workshop will apply narrative-theoretical and communication-sociological considerations diachronically and interdisciplinarily to objects in the sense of Bruno Latour’s Thing Turn. In a comparative approach, the narratives and communication structures that give certain things a prominent position can be examined globally and across history and periods.

Contributions from archaeological and art historical, theological and philological disciplines, as well as neighboring disciplines are especially welcome on the following aspects:

  • Definitions of age and time
  • Who defines age and time?
  • Pseudo-age, age as fiction
  • Misunderstanding of age
  • Materiality of age and time
  • Contexts and settings of evidence
  • Patterns of age and time narratives
  • Explicit and implicit narratives

Please send an abstract (max. one page) for an approximately 25-minute presentation by June 19, 2022 to: Workshop@uni-bonn.de


Organisation

Prof. Dr. Sabine Feist (Christliche Archäologie) | Prof. Dr. Jan Dietrich (Altes Testament) | Prof. Dr. Ludwig Morenz (Ägyptologie) | Dr. Maren Lisa Schwab (Philologie) | Sebastian Winkelsträter M. A. (Germanistische Mediävistik) | Prof. Dr. Harald Wolter-von dem Knesebeck (Kunstgeschichte) | Dr. Birgit Zacke (Germanistische Mediävistik)


Daten

17.–19. November 2022 | Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn


Finanzierung

Transdisciplinary Research Area Present Pasts der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn,

gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW) im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern.

Categories: CFP