Wie und warum gewinnt Wissen Anerkennung – oder nicht? Warum können (vermeintliche) Wahrheiten an Akzeptanz verlieren? Was passiert, wenn Wissen sich über zeitliche, kulturelle und symbolische Grenzen hinweg in (dann neuen) epistemischen Situationen behaupten muss? Welche Institutionen, Konventionen und Personen sind für diese Prozesse der Anerkennung und Ablehnung von Wissenssprüchen relevant? Und welcher historischen Entwicklung unterliegt das? Nicht erst in Zeiten von „alternativen Fakten“ und tiefer Skepsis gegenüber wissenschaftlichen und journalistischen Objektivitätsansprüchen sind Wissensansprüche und die Bedingungen und Mechanismen von Wissensgeltung selbst gesellschaftlich umkämpft.
In der Ringvorlesung, organisiert vom Thematic Research Network „Wissensgeltung“ an der Universität Heidelberg, soll diesen und weiteren Fragen aus einer interdisziplinären Perspektive anhand konkreter historischer (seit ca. 1500) und zeitgenössischer Fallbeispiele aus den europäischen, asiatischen und amerikanischen Kulturkreisen nachgegangen werden. Dabei werden literatur- und kunstwissenschaftliche, kulturhistorische, soziologische, wissenschaftshistorische und philosophische Zugriffe präsentiert. Aus den einzelnen Fallbeispielen heraus werden allgemeinere Ansätze einer Theoretisierung und Systematisierung von Geltungsfragen in der Neuzeit aufgezeigt. Die Vorlesung ist programmatisch auf einen globalen und transkulturellen Horizont ausgerichtet; neben Fragen nach Praktiken und materialer Einbindung von Wissensproduktion und -geltung wird auch die mediale und semantische Vermitteltheit von Geltungsansprüchen thematisiert.
Die Ringvorlesung findet freitags, 11.15 bis 12.45 Uhr in der Neuen Universität, HS 14 statt.
Programm:
22.4.22 Dirk Werle (Germanistisches Seminar, Heidelberg)
Reisewissen. Epistemische Situationen der Grenzüberschreitung in deutschsprachigen Reiseberichten des 17. Jahrhunderts
29.4.22 Hans Martin Krämer (Institut für Japanologie, Heidelberg)
Wissenschaftliche Personae und Transkulturalität. Über das Auslandsstudium von japanischen Wissenschaftlern um 1900
13.5.22 Kama Maclean (Südasien-Institut, Heidelberg)
Verifying Rumour
20.5.22 Joachim Kurtz (Heidelberg Centre for Transcultural Studies, Heidelberg)
Geltungsakrobaten: Quacksalber und Winkeladvokaten im spätkaiserzeitlichen China
27.5.22 Cornelis Menke (History and Philosophy of Science, Mainz)
Glaube, Geltung, Hoffnung. Theorieakzeptanz in den Wissenschaften
3.6.22 Sylvia Brockstieger (Germanistisches Seminar, Heidelberg)
Figuren der Geltung. Erzählen von der Wissenschaft in deutschsprachigen autobiographischen und autofiktionalen Texten seit 1945
10.6.22 Anja Senz (Institut für Sinologie, Heidelberg) und Johannes Becke (Hochschule für Jüdische Studien, Heidelberg)
Umstrittene Kenntnisse und Kompetenzen: Wissensproduktion zu China und Israel
Henry Keazor (Zentrum für Europäische Geschichts- und Kulturwissenschaften, Heidelberg)
„Although I am no Oxford professor….”. Konkurrierende Wissensansprüche in der Kunstgeschichte
8.7.22 Paul Buckermann (Thematic Research Network „Wissensgeltung“, Heidelberg)
Wofür ist Kunst nochmal gut? Bewertungsstile und Rechtfertigungsstrategien in zeitgenössischer Literaturkritik
15.7.22 Michael Haus und Marlon Barbehön (Institut für Politische Wissenschaft, Heidelberg)
Wissensgeltung als hegemonialer Kampf
22.7.22 Stefanie Gänger (Historisches Seminar, Heidelberg)
Medizinische Laienkultur in der hispanoamerikanischen Aufklärung (c. 1759–1820)
29.7.22 Amelia Bonea (Heidelberg Centre for Transcultural Studies, Heidelberg)
Science on the Margins: Earth and Environment in South Asia, 19th-21st Centuries
Weitere Informationen finden Sie unter: https://wissensgeltung.hypotheses.org/
Kontakt: Dirk Werle, dirk.werle@gs.uni-heidelberg.de oder Katrin Hudey, katrin.hudey@gs.uni-heidelberg.de
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Redaktion: Constanze Baum – Lukas Büsse – Mark-Georg Dehrmann – Nils Gelker – Markus Malo – Alexander Nebrig – Johannes Schmidt
Diese Ankündigung wurde von H-GERMANISTIK [Mark-Georg Dehrmann] betreut – editorial-germanistik@mail.h-net.msu.edu
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