Interdisziplinäre Konferenz "Provozierte Bewunderung. Selbstinszenierungen und Vergemeinschaftung" / Interdisciplinary Conference "Provoked Admiration. Self-Fashioning and Collective Affectivity"

Daniela Hahn Announcement
Location
Switzerland
Subject Fields
Cultural History / Studies, Literature, Philosophy, Sociology
 Die Tagung setzt sich zum Ziel, die ästhetischen, sozialen und politischen Dimensionen von Bewun­derung vom Anstaunen bis zur Verehrung zu untersuchen. Ausgangspunkt ist die Frage, wie und mittels welcher Verfahren, Formen und Techniken Bewunderung in sozialen, medialen und künstle­rischen Settings provoziert und inszeniert wird und welche historisch je unterschiedlichen Konzepte und (Selbst-)Modellierungen des Subjekts dabei jeweils auf dem Spiel stehen. In diesem Sinne ver­bindet die Tagung die Debatte um Subjektivierungsprozesse (doing subject) mit der Frage nach einer Ästhetik und Politik der Bewunderung. Bewundert wird jemand (oder etwas), dessen besondere oder sogar einzigartige Eigenschaften und Fähigkeiten, dessen Stil und Auftreten beeindrucken, begeistern und in ihren Bann ziehen. Diese Wirkungen beruhen auf Regimen der Lenkung von Aufmerksamkeit und einem Prozess der Singularisierung, der das Einzigartige, Nicht-Standardisierte oder Perfektio­nierte zum kulturellen (Selbst-)Ideal erhebt. Die Evokation von Bewunderung ist in diesem Spiel zwi­schen Subjekt und Objekt, Individuum und Kollektiv, perspektivierter Wahrnehmung und kollektivem Imaginärem, ein entscheidender Motor. Sie ist nicht nur verknüpft mit Strategien der Selbstinszenie­rung, sondern impliziert auch die Möglichkeit der Instrumentalisierung von Bewunderung durch Ver­fahren der Überwältigung, der Überraschung, aber auch der Täuschung und des Fakes, um bestehen­de kulturelle Ordnungen abzusichern oder zu unterminieren.

Das Tagungsthema soll dabei insbesondere mit Blick auf folgende Schwerpunkte in einem historischen Rahmen von 1600 bis zur Gegenwart entfaltet und diskutiert werden:

(1) Ich-Figurationen

Im Rah­men der Tagung soll das Augenmerk auf jene Praktiken und Techniken der Selbstkonstruktion und -dar­stellung gelenkt werden, die ein Bestaunt-Werden oder Überraschen-Wollen implizieren. Ich-Figurationen zielen in diesem Zusammenhang auf das komplexe Verhältnis von Person, Selbst­deutung, Figur und Rolle; sie sind gebunden an historisch sich wandelnde Verständnisse des Subjekts, Konzepte von Körperlichkeit und Gender, Sichtbarkeitsregime und Bildökonomien. Zu fragen wäre, welche Bedeutung der Bewunderung in Prozessen der narrativen, visuellen und performativen Konstruktion eines Selbst zukommt, wie sich darüber das Verhältnis von Ich und Welt, Individuum und Kollektiv, Subjekt und Gesellschaft konturiert und wie sich öffentliche Figur und privates Ich zuein­an­der verhalten. Welche genderspezifischen Differenzen lassen sich hinsichtlich einer bewunderns­wer­ten Selbstinszenierung ausmachen? Welche Gelingensbedingungen (von ästhetischen Prämissen, dis­kursiven Kontexten bis ökonomischen Faktoren) knüpfen sich an Formen und Techniken der Selbst­inszenierung?
 Mögliche Themen:
- (Auto)biographische Schreibweisen, Autoethnographien und -Performances- Erzähl(er)instanzen und Autorkonzepte / Künstlerfiguren / Erfinderfiguren- Auftritte von u.a. Politiker*innen, Künstler*innen, Wissenschaftler*innen
- Praktiken des Self-Fashioning

(2) Vergemeinschaftung

Staunen ist als Emotion zumeist auf den Erfahrungshorizont eines Einzelnen bezogen. Demgegen­über stellt sich jedoch die Frage, wie sich ein ,geteiltes Staunen‘ fassen ließe und welche Formen und Me­dien der Übertragung von Bewunderung sich in (temporären) Kollektiven ausmachen lassen. Welche Akte und/oder Qualitäten sind es, die kollektive Bewunderung hervorbringen können? Wie konstituie­ren oder stabilisieren sich Kollektive im Akt des Bewunderns oder der Verblüffung und welche Sub­jektverhältnisse und Hierarchien resultieren daraus? – Diese Fragen sind insbesondere virulent mit Blick gegenwärtige wie historische Verhältnisse medialer Repräsentationsformen von Bewun­de­rung – in der Politik, den (sozialen) Medien und den Künsten –, die sich nicht nur in einer affektiven Ökonomie des Sozialen verstehen lassen, sondern auch im Kräftefeld konkreter ökonomischer Interessen funktionieren. Fokussiert werden soll dabei vor allem die Rolle medialer und künstlerischer Techniken, über die ein Raum der Bewunderung geschaffen werden kann, in dem sich der Einzelne in einem affektiv aufgeladenen Kollektiv wiederfindet.

Mögliche Themen:
- Fankulturen/Fanfiction- Praktiken des ‚Teilens‘ in sozialen Medien
- Autorblogs
- Autoritarismus/Populismus
- Verehrungspraktiken (Heilige, Führerfiguren, Idole)

(3) Entwunderung

Bewunderung, aber auch die Möglichkeit der Überraschung und der Evokation von überwältigendem Staunen als Bedingung politischer, ökonomischer und wissenschaftlicher Dominanz ist, als kulturell und historisch bedingte, immer auch gefährdet. Die Inszenierung kann die Wirkung verlieren oder selbstverständlich werden, Aufmerksamkeiten können sich verlagern, Überraschungen und Schlagzei­len sich verflüchtigen, und die (kollektive) Bewunderung kann sich zersplittern, in Enttäuschung oder Ernüchterung umschlagen oder sich auf andere Objekte verlagern. Fokussiert werden sollen diese Kippmomente von Bewunderung sowie die (unberechenba­ren) Dynamiken von Um- und Entwertungen und die Transformationen von Bewunderung in andere Formen der Anerkennung, etwa in Form von Reputation oder Wertschätzung. Dabei ist nicht nur die Frage zentral, was das Staunen, als evozierte, gesellschaftlich wirkende Bewunderung (zer)stört, sondern auch – insbesondere mit Blick auf politi­sche und ökonomische Kontexte –, ob es Verfahren oder Mechanismen einer Verstetigung oder Auf-Dauer-Stellung von Bewunderung gibt. Welche Zeitlichkeiten impliziert Bewunderung? Kann Bewun­derung gemessen werden? Und mit welchen Ansprüchen und Herausforderungen, die sich aus der Dynamik zwischen (potenzieller) Würdigung und (drohender) Abwertung ergeben, sieht sich ein Sub­jekt mit Blick auf seine Performance und Leistungsfähigkeit konfrontiert?

Mögliche Themen:
- Erosion von inszenierter Größe
- Ridikülisierung / politische Karikatur
- Regimewechsel- Skandale- Gerüchteküchen
- Anerkennungskulturen Die Tagung wird vom 4. bis 6. Juli 2019 an der Universität Zürich stattfinden. Sie wird ausgerichtet vom Sinergia-Forschungsprojekt "The Power of Wonder. The Instrumentalization of Admiration, Astonishment and Surprise in Discourses of Knowledge, Power and Art" und geleitet von Mireille Schnyder (Universität Zürich), Nicola Gess (Universität Basel), Ulrich Bröckling (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) und Hugues Marchal (Universität Basel). Vorgesehen sind 30-minütige Vorträge (sowohl in deutscher als auch englischer Sprache) mit anschließender Diskussion.  Bitte senden Sie eine Skizze zu Ihrem Themenvorschlag (max. 400 Worte) sowie einen kurzen Lebenslauf (einschließlich aktueller Publikationen) bis zum 30. November 2018 per E-Mail an daniela.hahn@uzh.ch. Geben Sie in Ihrem Abstract bitte an, zu welchem der drei thematischen Schwerpunkte Sie Ihren Vortrag zuordnen. Eine Benachrichtigung über die Annahme erfolgt bis spätestens zum 15. Januar 2019.  Für weitere Informationen steht Ihnen die Koordinatorin des Projekts, Frau Dr. Daniela Hahn (daniela.hahn@uzh.ch), gern zur Verfügung. -------------------------------- ENGLISH VERSION Provoked Admiration.Self-Fashioning and Collective Affectivity This conference sets out to explore the aesthetic, social, and political dimensions of admiration, ranging from marvel and adoration to devotion and worship. Intertwining recent debates on processes of sub- jectivization (doing subject) with a reflection on the aesthetics and politics of admiration, the conference seeks to tackle the question of how—and by means of which practices, forms, and techniques—admi- ration is provoked and staged in social, political, and artistic settings. Furthermore, the conference aims at investigating which concepts of subjectivity and of the self are at stake when focusing on admiration as a textually or performatively provoked affect.A person (or object) is admired for his/her/its special, unusual, exceptional or even unique fea- tures and the ability to impress, captivate or to spark fascination. Thus, admiration is a driving force regarding the dynamics between subjects and objects and between modes of self-fashioning, cultural norms, and collective imagination. By examining the ways in which admiration is evoked, we are inter- ested in shedding light on the culturally and historically contingent practices of staging an admirable self. At the same time, we seek to reveal the strategies of instrumentalizing admiration through practices of overwhelment or surprise, of deceit or imposture that capitalize on the creation of wonder in order to uphold or destabilize existing orders. Three thematic fields will be examined in a historical framework ranging from 1600 to the present:

 

(1) Self: Figures and FigurationsThe conference aims at investigating practices of self-construction and self-fashioning that deliberately seek to trigger ad- miration, amazement, and surprise. More fundamentally speaking, “figures and figurations” point to the complex relationship between persona, self-interpretation, figure, and role that is shaped by historically changing concepts of subject, corporeality, mediality, and gender as well as by regimes of visibility and (political as well as aesthetic) image economies. Against this background, we seek to understand how admiration, surprise, and amazement are evoked in narrative, visual, or performative processes of self- constitution. How are thus the relations negotiated between “I” and the world? How can we conceive of the relationship between public figure and private “I”? What are the gender-specific differences with regard to admirable self-stagings? What are the conditions of success (in regard to aesthetic premises, discursive contexts, and economic parameters) of modes of self-fashioning? Possible topics include:- (auto)biographical writing, autoethnographies and -performances- narrators and authors- public appearances of politicians, artists, and scientists- practices of self-fashioning

 

(2) Collective AffectivityAs aesthetic affects, wonder and admiration are mostly perceived in their relation to individual experience. By way of contrast, we want to reflect on the ways in which admiration is ‘shared’ and how it is mediated and transmitted in (temporary) collectives. In what ways do collectives emerge and stabilize themselves through the act of admiring and which kind of subject relations and hierarchies result from this process? These questions are particularly relevant with regard to contemporary as well as historical forms and media of the representation of admiration—in politics, media, and the arts­— which involve concrete economic interests and undergird the affective economy of the social. In this way, we seek to unpack the role of techniques and technologies plays a crucial role here as—ideally—they create a space of admiration in which individuals can immerse themselves in an affectively charged collective experience.  Possible topics include:- fan cultures and fan fiction- practices of sharing in social media- authors’ blogs- authoritarianism and populism- practices of worship and veneration (saints, idols, leaders) (3) Ephemerality and the institutionalization of admirationBeing a condition of political, economic, and scientific dominance, admiration as well as the possibility of surprise and the evocation of intense wonder is, in its cultural and historical contingency, always already at risk: It can lose its effect or intensity, the extraordinary can turn into something ordinary or taken for granted, regimes of attention can shift, the moment of surprise can fade away, the appeal of curious headlines can wane and shared admiration can dissolve, turn into disappointment or even disillusion or it can be directed towards new objects altogether. We therefore want to focus on turning points and the (unpredictable) dynamics of conversions and debasements in regard to admiration and its transformations into other forms of recognition such as reputation, respect, or appreciation. What is it that disrupts or destroys admiration? Are there any ways—particularly within political and economic contexts—to perpetuate admiration? Which temporalities does admiration imply? Is it possible to measure admiration? And what are the demands and challenges arising from the disparity between potential appreciation and looming degradation with which subjects are confronted in regard to their (work) performance and productivity? Possible topics include:- erosion of splendor and leadership- ridicularization / political caricature- regime change- scandals- gossip factories- recognition The conference will take place from July 4-6, 2019, at the University of Zurich, organized by the Sinergia research project “The Power of Wonder. The Instrumentalization of Admiration, Astonishment and Surprise in Discourses of Knowledge, Power and Art. The conveners of this conference are Mireille Schnyder (Universität Zürich), Nicola Gess (Universität Basel), Ulrich Bröckling (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) und Hugues Marchal (Universität Basel). Presentations should not be longer than 30 minutes and will be followed by a Q&A. We invite scholars to submit proposal (of max. 400 words) and a short CV (including a list of recent publications) by November 30th, 2018, via e-mail to daniela.hahn@uzh.ch. Please indicate to which thematic section your proposal responds to. You will be notified about the status of your proposal by January 15th, 2019.  For any further information please contact the project's coordinator Daniela Hahn (daniela.hahn@uzh.ch).  
Contact Information
Dr. Daniela Hahn
Universität Zürich
Deutsches Seminar
Sinergia-Forschungsprojekt "The Power of Wonder. The Instrumentalization of Admiration, Astonishment and Surprise in Discourses of Knowledge, Power and Art"
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daniela.hahn@uzh.ch