Call for Papers (english translation below))
Kristalline Formen: Das Kino von Terrence Malick, Tagung in Präsenz: 14.-15.9.2023, Universität Bamberg, Lehrstuhl für Literatur und Medien, organisiert von Felix Lenz, Sahar Daryab, Gudrun Schwenk
Begegnungen mit Terrence Malicks Kino imponieren als freie, wilde, unkalkulierbare, ja chaotische Kollisionen. Malick nimmt sich als Gestalter Freiheiten und gibt seinen ZuschauerInnen ebenso viele Freiheiten. Dies bedeutet indes kein wahlloses Assoziieren, vielmehr wird eine aktive Rezeptionshaltung herausgefordert, in der frei navigiert und reflektiert werden kann, ohne durch eine lineare Erzählweise beschränkt zu werden. Bei allen Freiheiten ist Malick dabei jederzeit ein hochpräziser Gestalter. Im bloßen Schwelgen in Schwebelagen oder auch in Abwehr und Ablehnung der gleichen Momente kann man dem Reichtum seines Werkes nicht gerecht werden; es gilt daher, nicht vertiefbare Intensitätsvokabeln hinter sich zu lassen.
Zugleich bestehen profilierte Interpretationen, die unterschiedlichste philosophische, theologische, soziopolitische, ebenso wie psychoanalytische und feministische Diskurslagen in den Filmen aufdecken. Diese Vielfalt an Perspektiven hängt, so unsere These, mit zwei Faktoren zusammen: Erstens verarbeitet Malick in der Vorbereitung seiner Filme ein breites Spektrum an Quellen zu den jeweiligen historischen Lagen oder auch Figuren, sowie zahlreiche Deutungsperspektiven. Diese einbezogenen Quellen sind ein Spiegelbild der resultierenden ästhetischen Erfahrungsvielfalt. Zweitens findet Malick auf jeweils neue Weise zu filmischen Formen mit kristallinem, prismatischem Charakter. So setzt er zeitlich bewegliche Reizkonstellationen in Gang, die volatile Kreuzungspunkte, Gegensätze, Brechungen und Kippbilder hervorbringen. Diese mehrfältige ästhetische Artikulation korreliert mit verschiedenen Realitätsebenen und trägt eigensinnige Erkenntniskräfte in sich.
Von BADLANDS (1973) bis A HIDDEN LIFE (2019) konstellieren Malicks Filme historische Lagen mit einer persönlichen Lebens- und Wahrheitssuche, die reflexiv nach innen und im sozialen und kosmischen Raum simultan nach außen verläuft. Dies entfaltet sich oft in komplementär orchestrierten Figuren. Hieraus folgt eine Gestaltung, die (teils) disparate Ebenen kristallin in Beziehung setzt. So zeichnen sich an der Insel in THE THIN RED LINE (1998) simultan kosmische, darwinistische, ethnologische, historische, kriegsmäßige, existenzielle, religiöse und intime Erfahrungsebenen ab. Schon für die Figuren werden die gleichen Ereignisse in unterschiedlichen Schichtungen wirksam und stimulieren diverse Reaktionsweisen. Vergleichbar überlagern sich in Malicks Werken literarische, filmische, generische und kulturhistorische Vorräume, verschiedene kinematografische Mittel wie Schnitt oder Kameraarbeit, ineinandergreifende Zeitschichten und vielfältig geschichtete akustische Räume. Hierzu gehören auch prismatische Modernitäts- und Liebesreflexionen, kollektive und individuelle Erinnerungen, sowie Verhältnisse von Freiheit und Endlichkeit.
Demgemäß wünschen wir uns Vortragsvorschläge, die von Analysen in eindeutigen Intensitätsideen oder abgeschirmten hermeneutischen Schneisen abrücken und stattdessen verstärkt herausarbeiten, inwiefern komplementäre Bild-, Erfahrungs-, Diskurs-, und Deutungsebenen in die Filme eingelagert sind; Vortragsvorschläge also, die der Frage nachgehen, inwiefern Malicks Filme polyzentrische Räume der Erfahrung und Erkenntnis bereitstellen, die bei aller Gegensätzlichkeit darin übereinkommen, dass die gleichen Reize simultan ganz unterschiedliche Horizonte in sich tragen. Wir wünschen uns Ideen, die sich auf kristalline Quellenlagen, auf die kristalline ästhetische Artikulation oder auf kristalline Deutungsvektoren konzentrieren. Wir gehen davon aus, dass sich so in unabsehbar vielen und unterschiedlichen Ebenen ergiebige kristalline Konstellationen aufdecken lassen. Damit erscheint uns Malick zugleich als Herausforderung an die Forschung, passende Methoden zu entwickeln. Analyseformen, die Malick gerecht werden, dürften daher auch im Allgemeinen innovativ sein. Wir freuen uns auf alle Vortragsvorschläge, die sich dazu aufmachen, mit uns in den skizzierten Spielraum einzutreten!
Organisatorisches:
Bitte schicken Sie uns Ihren Vortragsvorschlag samt Titel (etwa 300 Wörter) bis spätestens 15.03.2023 per Mail (Malick-Tagung@unibamberg.onmicrosoft.com) als PDF (= Portable Document Format). Bitte ergänzen Sie außerdem ein paar Worte über sich selbst. Unsere Rückmeldung ist Mitte April zu erwarten. Wir bemühen uns um eine Finanzierung der Reise- und Übernachtungskosten der Tagung, ebenso streben wir die Veröffentlichung eines Tagungsbandes an.
English Version:
Crystalline Forms: The Cinema of Terrence Malick
Conference in presence: 14-15.9.2023, Universität Bamberg, Lehrstuhl Literatur und Medien, organized by Felix Lenz, Sahar Daryab, Gudrun Schwenk
Terrence Malick's cinema provokes special encounters between films and viewers. He takes liberties as a filmmaker and gives his viewers just as much freedom. Thus, an active attitude of reception is encouraged, in which viewers can navigate and reflect freely without being limited by a linear narrative. Despite all the freedom, Malick has always been a precise designer. Therefore, it is necessary to move beyond general praise and find instead more specific vocabulary to do justice to the aesthetical richness of his movies. There are, to be sure, already some most adequately profiled interpretations that reveal a variety of philosophical, theological, socio-political, as well as psychoanalytical and feminist layers in the films.
Malick’s diversity of perspectives and aesthetical means is related, we argue, to two factors: First, in preparing his films, Malick incorporates a wide range of sources on historical situations and figures, literary intertexts, and interpretive perspectives. Secondly, Malick invents cinematic forms with a ‘crystalline’ quality. Thus, he sets in motion constellations of stimuli that produce volatile intersections, contrasts, refractions, and inversions. This multifaceted aesthetic articulation correlates with different levels of reality and proves thought-provoking.
From BADLANDS (1973) to A HIDDEN LIFE (2019), Malick's films deal with historical events and personal quests for life and truth. Inward journeys meet outward journeys roaming through social and natural worlds. This is often explored further in complementarily orchestrated characters. His cinematic design, crystallinely connecting disparate levels, operates the same way: The island in THE THIN RED LINE (1998) simultaneously reflects cosmic, Darwinian, ethnological, historical, martial, existential, religious, and intimate levels of experience. For the characters, the same events become significant on different levels and stimulate diverse modes of reaction. Accordingly, literary, cinematic, generic, and cultural antecedents, cinematographic devices, temporal layers, and acoustic spaces overlap in Malick's cinema.
Therefore, we welcome abstracts that move away from analyses in univocal ideas or hermeneutics and instead elaborate complementary levels of image, experience, discourse, and interpretation in the films. We are interested in abstracts that demonstrate how Malick's films provide polycentric spaces of experience and cognition, in which the same stimuli simultaneously evoke quite different ideas. We would like to see abstracts that focus on crystalline source materials, on crystalline aesthetic articulations, or on crystalline vectors of interpretation. We assume that productive crystalline constellations can be uncovered in great diversity in his films. Forms of analysis that do justice to Malick are therefore also likely to be innovative in general. We look forward to proposals that enter this space!
Organizational procedure:
Please send us your abstract (about 300 words) by mail (Malick-Tagung@unibamberg.onmicrosoft.com) as a pdf file. March 15, 2023, is the deadline. Please also add a few words about yourself. We are seeking funding for travel and accommodation costs for the conference, as well as the publication of conference proceedings.
Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Lehrstuhl für Literatur und Medien, Dr. Felix Lenz
Obere Karolinenstraße 8, D-96049 Bamberg
Mail: felix.lenz@uni-bamberg.de
Tel. +49 (0) 69 / 79533914